Unser Engagement in der Region: Gemeinsam mit dem WWF Flüsse befreien

Wusstest ihr, dass nur 18 Prozent der bayerischen Flüsse als ökologisch intakt gelten? WWF-Mitarbeiterin Sigrun Lange hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, das zu ändern. Manchmal hilft es schon, wenn sie nur ein paar Steine versetzt. Wir haben ihr knietief im Wasser stehend dabei geholfen.

Unser Engagement in der Region: Gemeinsam mit dem WWF Flüsse befreien
Unser Engagement in der Region: Gemeinsam mit dem WWF Flüsse befreien
Sigrun, wir stehen hier in der Kleinen Paar, einem Flüsschen, das eigentlich noch ganz lebendig aussieht. Warum braucht sie unsere Hilfe?

Sigrun Lange: Der Eindruck täuscht leider. Die Kleine Paar fließt nicht so, wie es die Natur für sie vorgesehen hat. Unsere Vorfahren wollten Land gewinnen und das Wasser schnell aus der Landschaft ableiten. Der einst gewundene Flusslauf wurde also begradigt. Zugleich musste das Gewässer mit künstlichen Abstürzen, so genannten Sohlschwellen, stabilisiert werden. Diese bremsen den Lauf des Flusses, sodass er nach und nach verschlammte. Die Folge: Im trüben Wasser schwand das Leben.

Wenn wir eure Arbeit anschauen, dann ist die Kleine Paar längst kein Einzelfall.

Richtig. Die Kleine Paar steht beispielhaft für viele Flüsse in Deutschland. Viele wurden stark verändert und mehr als 215.000  künstliche Barrieren und Querbauwerke bremsen den Lauf der Flüsse in Deutschland. Sohlschwellen wie an der Kleinen Paar, Stauanlagen oder Wehre, zum Beispiel zur Bewässerung von Wiesen, zur Gewinnung von Strom oder zur Stabilisierung der Sohle.

All diese von uns geschaffenen Hindernisse beinträchtigen die Flusslebensräume.

Sigrun Lange, Strategische Projektleiterin WWF Deutschland, Büro Wildflüsse Alpen
Kleine Paar
Mit welchen Folgen?

Lange: Das gesamte Ökosystem gerät durcheinander. Typische Lebensräume in Fließgewässern gehen verloren und werden voneinander getrennt. Dabei brauchen viele Fische unterschiedliche Lebensräume. Kiesigen Untergrund für die Eiablage, tiefere Stellen, in denen sie nach Beute jagen oder sich verstecken können. Wegen der Barrieren erreichen sie aber nicht mehr alle für ihr Überleben notwendigen Orte.

Ein gesunder Gewässerboden aus Sand und Kies, der ständig mit frischem Wasser, neuen Nährstoffen und Sauerstoff versorgt ist, bietet darüber hinaus optimale Lebensbedingungen für Insekten, Bakterien und Mikroorganismen. Fließt das Wasser aber zu langsam oder wird es gestoppt, können sich Sedimente in den Kieslücken festsetzen und die Funktion wird gestört. Auch die Wassertemperatur wird von der Fließgeschwindigkeit bestimmt. Und wir sehen bereits, dass die Flüsse für viele Tierarten inzwischen zu warm sind.

Das heißt, sie sterben?

Lange: Wenn sich die gewohnten und benötigten Lebensräume derart verändern, können Spezies tatsächlich aussterben. Neun der ursprünglich in Bayern heimischen Fischarten sind bereits verschwunden, wie etwa der Atlantische Lachs oder der Atlantische Stör.

Mehr als die Hälfte der einheimischen Fischarten in Deutschland gilt inzwischen als „gefährdet“ oder bereits „ausgestorben“. Gefährdet ist zum ersten Mal auch die Forelle. Sie leidet insbesondere unter der Erwärmung der Gewässer in Folge des Klimawandels.

Quelle: Bundesamt für Naturschutz: Rote Liste und Gesamtartenliste der sich im Süßwasser reproduzierenden Fische und Neunaugen (2023)
2022 habt ihr das Projekt „Lebendige Flüsse“ ins Leben gerufen. Was möchtet ihr damit erreichen?

Lange: Zum einen möchten wir dazu beitragen, natürliche Flussabschnitte und letzte Reste von Wildflusslandschaften unbedingt zu erhalten und von schädlichen Einflüssen fernzuhalten. So setzen wir uns beispielweise für den Schutz der letzten Wildflusslandschaften ein und zeichnen naturnahe Fließgewässer als „Gewässerperle Plus“ aus. Zum anderen renaturieren wir Flüsse und konzentrieren uns dabei vor allem darauf, wo möglich Querbauwerke zurückzubauen. Hier haben wir uns zunächst auf die Suche nach vergleichsweise einfach umzusetzenden Projekten gemacht, um erste Erfahrungen zu sammeln. Kleinere Einzelbauwerke, bei denen wir bereits wussten, dass die Kommunen und Anrainer mitziehen würden.

Manche Anrainer:innen haben Angst vor Überschwemmungen, wenn man den Lauf des Flusses verändert. Ist das begründet?

Lange: Der beste Schutz vor Hochwasser ist es, unseren Flüssen wieder mehr Raum zu geben. Idealerweise sollte sich ein Fluss bei Hochwasser in seine natürlichen Auenbereiche ausdehnen können, wo er keinen Schaden an menschlicher Infrastruktur anrichtet. Es gilt insgesamt, wieder mehr Wasser in der Landschaft zu halten, statt es schnell abfließen zu lassen. Gerade nicht mehr genutzte und teilweise schon marode Wehre können im Hochwasserfall zur Gefahr werden, da Teile davon zerstört und mit den Fluten mitgerissen werden könnten.

Welche Erfolge habt ihr mit eurem Projekt bisher erzielt?

Lange: Der WWF hat in der Vergangenheit bereits den Rückbau eines nicht mehr genutzten Wehres an der Baunach im Norden Bambergs finanziert. Bei unserem Treffen heute an der Kleinen Paar wollen wir einen künstlichen Absatz im Fluss mit Hilfe einer Rampe für Fische wieder passierbar machen. Wir haben vor dem Termin viele große Steine und Kies antransportieren lassen. Das Material verteilen wir nun im Flussbett vor dem Absturz. Drei weitere Maßnahmen sind für dieses Jahr bereits geplant: Der Umbau der Stauanlage Hainbronn an der Pegnitz, sowie je ein Wehrrückbau am Hühnerbach in Bidingen und am Wielenbach bei Peiting.

Das PSD Team packt mit an

Einen Tag lang standen wir mit Gummistiefeln in dem Flüsschen Kleine Paar zwischen Augsburg und Donauwörth. Zahlreiche große Steine haben wir vor einer Sohlschwelle im Fluss verteilt, um den Höhenunterschied durch eine Art schiefe Ebene auszugleichen. Wir wollten die Stelle sozusagen für Fische barrierefrei machen. Harte Arbeit, aber es hat sich gelohnt. „Geld zu spenden ist das eine. Wenn man aber selbst mit anpackt, versteht man den Sinn und die Notwendigkeit des Projekts noch einmal besser“, freute sich PSD Vorstand Thomas Palus nach getaner Arbeit. Selbst das schlechte Wetter konnte die Stimmung nicht trüben.

Welche Erfahrungen habt ihr bei diesen ersten Maßnahmen gesammelt?

Lange: Dass vieles leider nicht so schnell geht, wie man möchte, und die Umsetzung oftmals teurer ist, als man denkt. Neben der Pegnitz etwa verläuft direkt eine Bahnstrecke. Hier war nach Absprachen mit der Bahn erst noch ein Gutachten zur Bestätigung erforderlich, dass durch den geplanten Wehrrückbau mit keinerlei negativen Auswirkungen zu rechnen ist.

Diese ersten Flussbefreiungen sind ein toller Anfang. Aber es gibt in Deutschland rund 900 Flüsse.

Lange: Das ist richtig. Wir können mit unserem Projekt nur punktuell Akzente setzen. Aber wir können die Erfahrungen unserer beispielhaften Rückbauten an andere weitergeben und damit vielerorts ähnliche Gewässerrenaturierungen anregen. Darüber hinaus haben wir eine deutschlandweite Studie in Auftrag gegeben, die einige Top-Kandidaten ermitteln sollte. Gemeint sind Flüsse, deren Rückbau besonders große ökologische Effekte entfalten würden, weil damit relativ lange freie Fließstrecken entstehen. Der finale Bericht wird im Juni 2024 veröffentlicht. Auf Basis der Ergebnisse können wir in einem nächsten Schritt in den jeweiligen Bundesländern ökologisch vielversprechende Rückbau-Projekte anregen.

Nach dem aktuellen Bericht des Umweltbundesamtes von 2022 erreichen nur acht Prozent der Flüsse in Deutschland den von der europäischen Wasserrahmenrichtlinie geforderten „guten Zustand“, beziehungsweise das „gute ökologische Potenzial“. Wir müssen anfangen, gegenzusteuern. Aus vielen kleinen Maßnahmen werden irgendwann große.

Sigrun Lange
Wie wird das Projekt finanziert?

Lange: Wir haben über die Deutsche Postcode Lotterie Spenden in Höhe von 1,5 Millionen Euro für das Projekt erhalten. Bedingung war allerdings, dass wir mindestens 250.000 Euro an Eigenmitteln beisteuern. Für diesen Anteil haben wir wiederum Unterstützung aus dem Gewinnspartopf der PSD Bank München erhalten. Über den Projektzeitraum von 2022 bis 2026 hinweg erhalten wir von der Bank insgesamt 100.000 Euro. Das ist eine enorme Entlastung, wir freuen uns sehr über diese Unterstützung und das große Interesse und Engagement der Bank.

PSD Gewinnsparen – so könnt ihr mithelfen

Gewinnen, sparen und helfen: Das ist das Motto für unsere Gewinnsparlose. Sie kosten jeweils 5 Euro, von denen 4 in deinem eigenen Spartopf landen. Der verbleibende Euro wird aufgeteilt in einen Spieleinsatz, mit dem ihr an monatlichen Verlosungen von Geld- und Sachpreisen teilnehmen, und einen Beitrag, der gemeinnützigen Projekten zugutekommt. Die PSD Bank München unterstützt mit den Gewinnsparerträgen zahlreiche gemeinnützige Vereine, Organisationen und Umweltprojekte in der Region – unter anderem das WWF-Projekt „Lebendige Flüsse“.

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